«Ob wir alleine im Weltall sind, ist vielleicht eine der grössten Fragen der Menschheit und wir sind die erste Generation in der Geschichte, die die Technologie dafür haben wird, sie zu beantworten. Bei dieser Entdeckung will ich dabei sein. Dazu habe ich Astrophysik studiert und arbeite jetzt als Astrobiologe. Seit zwei Jahren bin ich Teil der LIFE-Mission. An der ETH Zürich entwickeln wir dieses Teleskop, das für die Erforschung von Exoplaneten eingesetzt werden soll. In fünfzehn bis zwanzig Jahren könnte es einsatzbereit sein. Das klingt nach viel Zeit, aber in der Wissenschaft ist es normal, dass man sich mit einem Thema über viele Jahre beschäftigt. Ich bin jetzt 45 und weiss nicht, ob das Teleskop noch vor meiner Pensionierung zum Einsatz kommt. Aber immerhin kann ich dann mal sagen, dass ich dabei gewesen bin. Ich komme aus dem Rheinland und vergleiche das Ganze oft gerne mit dem Bau des Kölner Doms. Jene Menschen, die mit dem Bau begonnen haben, wussten dass sie bei der Fertigstellung längst tot sein werden.
Im Moment arbeite ich an Simulationen von zukünftigen Beobachtungen erdähnlicher Planeten. Die Ergebnisse werden mit Ingenieuren besprochen, die sich mit der Konstruktion des Teleskops beschäftigen. Mit Hilfe des Teleskops wird dann nach allem gesucht, was irgendwie ein Zeichen von ausserirdischem Leben sein könnte, was sich aus der Ferne messen lässt. Das reicht von bestimmten Chemikalien in den Planetenatmosphären, über Bakterien, die Spuren von Sauerstoff und Methan hinterlassen bis hin zu kleinen grünen Männchen, die einen Fingerabdruck verursachen.
Ich werde oft gefragt, ob ich davon überzeugt bin, dass es Leben im All gibt. Da bin ich relativ agnostisch, das sollte ich als Wissenschaftler auch sein. Und ich halte es wie Science Fiction Autor Arthur C. Clarke: ‹Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder wir sind allein im Universum oder wir sind es nicht. Beide sind gleichermassen erschreckend.›
Bevor ich nach Bern gekommen bin, um an der Uni zu arbeiten, hatte ich ein Stipendium bei der Nasa in den USA. Schon damals habe ich mich mit der Suche nach Leben im All befasst. Ich war viel unterwegs, reiste nach Chile oder Hawaii, wo grosse Teleskope stehen, und sammelte Daten, die ich dann am Computer ausgewertet habe. Daten auszuwerten, ist heute die Hauptarbeit von vielen Wissenschaftlern. Wir verbringen viel Zeit am Computer, was auf Dauer auch eintönig sein kann.
Bei meinem Job an der ETH ist es anders. Ich bin nebst der Forschung auch für die Vernetzung von Leuten verantwortlich, die für die Entwicklung des Teleskops nötig sind. Diese Aufgabe ist mir auf den Leib geschrieben. Ich kann mich stundenlang über wissenschaftliche Themen unterhalten. Vor ein paar Jahren habe ich mit zwei Freunden das Non-Profit «Explainables» gegründet. Dort unterstützen wir junge Forschende rund um den Globus bei allen Fragen der Kommunikation inner- und ausserhalb ihrer Communities. Ich erfahre dabei jede Woche Neues über aktuelle Forschungstätigkeiten, das reicht von Krötenforschung mit medizinischer Anwendung in Korea bis hin zum Einfluss von Malaria auf die Migration im südlichen Afrika.
Und jetzt, wo die Corona-Einschränkungen soweit aufgehoben sind, kann ich in Bern auch wieder Astronomy on Tab Veranstaltungen organisieren. Die Idee stammt aus den USA. Hier geht es darum, dass mit Forschenden bei Bier und an der Bar, also in lockerer Atmosphäre, über Astrophysik gesprochen werden kann.
Ich lebe jetzt seit fünf Jahren in Bern und verbringe meine freie Zeit hauptsächlich mit Expats, da ich kaum jemanden von hier kenne. Mit Bernerinnen und Berner engere Kontakte zu knüpfen, scheint schwierig zu sein. Das ist schade. Denn ich will in Bern wohnen bleiben, mir gefällt es hier. Die Aare, die Natur, alles ist überschaubar. Und ich bin ein Fan vom Spielwarenladen Drachenäscht. Hier kaufe ich Brettspiele, die ich dann zusammen mit meinem Neffen im Rheinland spiele.» (fz)
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