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Irene: «Backen ist aus Teig geformte Liebe»


«Als meine drei Kinder noch klein waren, habe ich zu jedem Geburtstag einen Kuchen gebacken, den sie mit in die Schule genommen haben. Doch, wie das so ist, kam die Backform oft nicht wieder zurück und ging irgendwo verloren. Deshalb fing ich an, Einwegbackformen zu verwenden, die mir mein damaliger Mann aus Italien mitgebracht hatte. Er arbeitete für eine italienische Firma, die Maschinen herstellt, die solche Backformen produzieren. In der Schweiz waren Einwegbackformen damals noch kaum bekannt. Als immer mehr Mamis auf mich zukamen und fragten, wo es diese Backformen zu kaufen gäbe, habe ich angefangen, selbst Einwegbackformen für Cakes und runde Kuchen zu importieren und zu verkaufen. Das lief so gut, dass unser Haus bald schon aussah wie ein Warenlager. Im Wohnzimmer, im Flur, überall stapelten sich Schachteln. So kam der Punkt, an dem ich mich entscheiden musste: Entweder würde ich es nun richtig machen und ein Geschäft eröffnen, oder es ganz bleiben lassen.


Ich entschied mich für Ersteres, kündigte meinen Teilzeitjob als Dentalassistentin und eröffnete einen kleinen Backshop in Düdingen. 2015 bekam ich die Chance, für zwei Jahre im Kaiserhaus der Nationalbank in Bern einen 25 Quadratmeter grossen Raum zu mieten. Das war eine super Gelegenheit, um auszutesten, ob ein Backshop auch in Bern funktionieren würde. Und das tat es. Ich habe das Sortiment kontinuierlich erweitert, sodass der Raum bald zu klein geworden.


Als der Mietvertrag im Kaiserhaus nach zwei Jahren auslief, eröffnete ich gemeinsam mit meinem damaligen Mann ein Geschäft im Käfiggässchen: Ich war verantwortlich für den Backshop und er richtete sich im gleichen Raum ein Bistro ein. Doch das funktionierte nicht wirklich. Die Bakery Kitchen war zwar erfolgreich, doch für ein Bistro war die Lage nicht gut und auch privat war es schwierig. Also kam ich wieder an den Punkt, an dem ich mich entscheiden musste: Mache ich nach der Scheidung allein an einem neuen Ort mit dem Backshop weiter oder lasse ich es bleiben? Schliesslich zog ich 2017 in die Spitalgasse 29 um, wo die Bakery Kitchen nun schon sechs Jahre lang beheimatet ist.


Um ein Geschäft erfolgreich zu führen, braucht es viel Durchhaltewillen und Biss. Man muss bereit sein, überdurchschnittlich viel zu arbeiten. Ein guter Businessplan ist auch hilfreich. Und eine positive Grundeinstellung: Für mich ist das Glas immer halbvoll, das hat mir über so manche Krise hinweggeholfen. Zudem sollte man seinem Instinkt folgen und nicht zu sehr auf andere hören. Am Anfang haben mich viele belächelt und gesagt, ein Backshop werde sich niemals rentieren.


Ich liebe an meiner Arbeit den Kontakt zur Kundschaft und die Beratung. Ich und mein 5-köpfiges Team geben Tipps, zum Beispiel, wie man Schokolade richtig temperiert, wie man Royal Icing, Buttercreme oder Couverture richtig anwendet. Oft kommt jemand mit dem Bild einer Torte vorbei, die er auf Instagram gesehen hat. Meine erste Frage lautet dann immer: Haben Sie schon mal gebacken? Ist die Antwort nein, nehme ich mir gerne die Zeit und erkläre Schritt für Schritt, was es braucht, um die Wunschtorte herzustellen. Manchmal kommt die Kundin dann wieder und zeigt stolz das Bild ihrer ersten selbstgemachten Torte. Für solche Momente tue ich das. Beim Backen kann ich auch wunderbar Stress abbauen. Gerade beim Dekorieren lässt es sich gut abschalten und den Alltag vergessen. Zudem macht Backen gute Laune. Wer in die Bakery Kitchen kommt, hat etwas Schönes im Sinn und so habe ich es fast nur mit zufriedenen Kundinnen und Kunden zu tun. Ich sage immer: Backen ist aus Teig geformte Liebe.


Ich war schon immer eine passionierte Bäckerin. In der Adventszeit habe ich jeweils zehn, zwölf verschiedene Guetzlisorten gebacken. Mittlerweile ist das Backen als Hobby etwas in den Hintergrund gerückt. Einerseits aus zeitlichen Gründen, andererseits sind meine Kinder mittlerweile erwachsen und ich lebe mit meinem jetzigen Mann allein. Aber für Gäste oder Feste backe ich immer noch sehr gerne. Mein Lieblingsgebäck sind Vanille-Cupcakes. Die verleiden mir nie. Meistens backe ich nach Rezept, experimentieren ist nicht so mein Ding. Das ist auch eher schwierig beim Backen, da muss das Verhältnis der Zutaten perfekt stimmen, damit es gelingt.


Unsere Kundschaft ist vorwiegend weiblich, wobei die Männer gerade am Aufholen sind. Zurzeit sind es vielleicht 70 Prozent Frauen und 30 Prozent Männer. Vom Alter her sind die Kundinnen und Kunden im Durchschnitt etwa 25-30 Jahre alt. Die Älteren backen nicht weniger, aber sie sind weniger experimentierfreudig und bereiten wohl eher das zu, was sie schon kennen und brauchen daher seltener neue Backutensilien.


Beim Backen gibt es auch immer Trends, die auf Instagram oder Blogs verbreitet werden. Momentan sind Drip Cakes sehr aktuell: Das sind Torten ohne Fondant, also ohne Zuckerüberzug. Sie werden mit Buttercreme eingestrichen und dann mit einem Guss verziert, der auf den Seiten herunterläuft.»


Irene Leu ist Inhaberin und Geschäftsführerin der Bakery Kitchen, Spitalgasse 29, 3011 Bern.


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