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Melissa: «Täglich von so viel Wissen umgeben zu sein, gibt mir ein richtig gutes Gefühl»


«Mindestens einmal in der Woche muss ich jemandem erklären, was man in meinem Beruf eigentlich macht. Ich bin Fachfrau Information und Dokumentation, früher sagte man Bibliothekarin. Wobei eben die meisten eine komplett falsche Vorstellung davon haben, was es in einer Bibliothek zu tun gibt. Ganz bestimmt ordne ich nicht verstaubte Bücher ein oder lese stundenlang. Im Gegenteil, ich verbringe viel Zeit am Computer. In die Bibliothek an der Münstergasse kommen mehrheitlich Studierende. Wir gehören zur Unibibliothek Bern und sind eine wissenschaftliche Bibliothek. Im Lesesaal wird gelernt. Hier im Haus haben wir keine ausleihbaren Bücher, denn wir verstehen uns als Lernort. Eine meiner Aufgaben ist es, für die Kundinnen und Kunden passende Literatur zu finden. Die Suche erfolgt im schweizweiten Onlinekatalog, da sind unter anderem die 4 Millionen Medien der Universitätsbibliothek Bern verzeichnet. Meist kommt die Kundschaft und wünscht Literatur zu einem bestimmten Thema. Der Computer spuckt oft tausende von Titeln dazu aus. Meine Arbeit ist es dann, die Recherche einzugrenzen, indem ich der Kundin oder dem Kunden die richtigen Fragen stelle und wir uns so gemeinsam dem konkreten Thema immer mehr annähern.


In der Bibliothek kann man sich während der Öffnungszeiten so lange aufhalten, wie man will und nebst Büchern gratis Zeitung lesen. Jede und jeder ist willkommen.⁣⁣ Das führt dazu, dass ich und meine Kolleginnen öfter dafür sorgen müssen, dass sich die Besucherinnen und Besucher im Lesesaal rücksichtsvoll gegenüber den anderen Anwesenden verhalten. Diese Aufsicht ist nicht einfach. Manche Leute begreifen nicht, dass man leise sein soll. Es kann zu gehässigen Reaktionen kommen. Ich habe einmal eine Ausnahmesituation erlebt. Eine Person wurde so ausfällig, dass die Polizei sie abholen musste. Aus Wut mir gegenüber hat diese Person eine Morddrohung ausgesprochen. Das war schon heftig.⁣ Aber auch Studierende oder ältere Kundinnen und Kunden wissen manchmal nicht, wie man sich benimmt. Da werden die Schuhe ausgezogen und die Füsse auf den Tisch gelegt. Im Sessel wird geschlafen oder morgens werden Zopf und Streichkäse ausgepackt und es wird gemütlich gegessen.⁣

An der Münstergasse arbeite ich im Kundenservice und im Social-Media-Team, hier betreue ich den Instagram Account @bibmuenstergasse. Und ich bin auch für die Ausbildung der Lernenden zuständig. Ich rate ihnen jeweils, nach der Lehre eine Zeitlang im Ausland zu arbeiten. Selber habe ich ein halbes Jahr lang in einer Bibliothek in Sydney gearbeitet. Das war sehr bereichernd.⁣ Ich reise sehr gerne und wo immer möglich, besuche ich Bibliotheken. Es gibt sie überall auf der Welt. Manche sehe ich mir der Bekanntheit wegen an, wie etwa die New York Public Library, andere wiederum wegen der Architektur. Auch in der Schweiz gibt es einzigartige Bibliotheken, die für alle zugänglich sind. Eine davon ist die Stiftsbibliothek St.Gallen. Dieser altehrwürdige Ort des Wissens hat etwas Beeindruckendes. Wir unternehmen jährlich eine Teamweiterbildung und besuchen eine Bibliothek in der Schweiz. Inmitten von Büchern fühle ich mich wohl.⁣

Zuhause hatten wir nicht viele Bücher. Ich konnte mir jeweils eines zu Weihnachten wünschen, aber das reichte nicht als Lesestoff für ein ganzes Jahr. Als ich mit zwölf mit der Schule eine Bibliothek besuchte, war ich sofort fasziniert von der Möglichkeit, ständig auf neue Bücher zugreifen zu können. Von da an war mein Ziel, in einer Bibliothek zu arbeiten. Mit 14 Jahren hatte ich dann einen Wochenplatz in einer Bibliothek.⁣

In meiner Freizeit hingegen brauche ich Bewegung und ich singe in einem Chor. Wenn ich lese, dann gerne Bücher von Schweizer Autorinnen und Autoren, meine liebsten Autoren sind Martin Suter und Joël Dicker. Regelmässig widme ich mich den Harry-Potter-Bänden und schaue mir parallel die Filme an. Das muss sein, mit Harry Potter bin ich gross geworden. Die Bücherreihe erinnert mich an meine Kindheit, an eine Zeit, in der ich auch als Erwachsene noch gerne schwelge.» (fz)⁣ Bibliothek Münstergasse

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